UNSERE GESCHICHTE

Unser Verein blickt auf eine beeindruckende Historie zurück, die sich auf mehr als Dreiviertel der gesamten Luftfahrtgeschichte erstreckt. In unserer Bilderstrecke erfährst du von den Pionieren unseres Vereines und unserer Entwicklung in den letzten Jahrzehnten.

VON MÖGELDORF ZUR BAYERISCHEN RHÖN

Phantastische Anfänge

Vom Dach der Hütte aus soll Adam Kißkalt abgesprungen, dann von einem Windstoß erfaßt und 100 Meter hoch in die Luft gehoben worden sein. Zu allem Unglück knickte auch noch eine Verstrebung, so dass er wie ein Kreisel auf den Rechenberg zutrudelte und schließlich von der Feuerwehr aus einer Pappel befreit werden mußte.

Vereinsgründungen

Wohlhabende Nürnberger Bürger fanden im Ballonfahren ihren neuen Sport und gründeten im Sommer 1908 den Nürnberger Verein für Luftschiffahrt. Zur selben Zeit schlossen sich einige Nürnberger Erfinder zur Flugtechnischen Gesellschaft Nürnberg-Fürth zusammen, um Flugmaschinen „schwerer als Luft“ zu konstruieren. Im Juli 1911 war in der Zeitung zu lesen: „Dadurch, daß sich bei einem Probeflug der Motor nicht mehr abstellen ließ, überschlug sich der Apparat, als er zu Boden gekommen war, und wurde in seine einzelnen Bestandteile vollständig zertrümmert.“ 1912 fusionierten die beiden Gründungsvereine zum Verein für Luftschiffahrt und Flugtechnik.

Bild: Im Gegensatz zu vielen anderen und späteren Pionieren, von denen wir keine Bilder haben, wurde Kißkalts phantastischer Flug mit Hilfe eines geschickten Retuscheurs „photographisch“ festgehalten.

Zwischen den Kriegen

Noch während des Krieges gründete der Nürnberger Fabrikant Erich Kempe eine Fliegervorschule, die junge Menschen mit allen Aspekten des Fliegens vertraut machen sollte. Die Nürnberger Fliegervorschule wurde berühmt und zum Modell für andere Städte. Der Versailler Vertrag erzwang nach einer kurzen Blüte aber die Auflösung der Schule. Kempe gelang es auch, mehrere Vereine 1921 im Nordbayerischen Luftfahrtverband zusammenzuführen. Der NLV entwickelte sich zum „ersten“ Luftsportverein in Bayern. Sein Geschäftsführer Georg Liebermann leistete Aufbauhilfe bei mehreren Vereinen.

Bild: Ein begnadeter Schüler Kempes war Willi Pelzner, der mit Gleitapparaten an den Rhön-Segelflug-Wettbewerben 1920 und 1921 teilnahm und große Erfolge erzielte, so große, daß ein Hang auf der Wasserkuppe nach ihm benannt wurde.

Viele Traditionsvereine begannen Ende der 20er Jahre auch aktiven Segelflugsport zu betreiben. In Nürnberg waren das die Fliegervereinigung und der Deutsche

Fliegerbund. Der NLV hat damals begonnen, den Hesselberg zur „Bayerischen Rhön“ auszubauen und Segelflug-Wettbewerbe auszutragen.

Die Segelflieger waren Anfang der 30er Jahre ein buntes Völkchen. In unserer Region gab es gut ein Dutzend Vereine und es wurde am Hesselberg, auf der Friesener Warte, auf der Wulzburg, am Staffelberg, am Bindlacher Berg und am Walberla geflogen. Im Dritten Reich standen die Vereine vor der Entscheidung, sich aufzulösen oder ihre Selbstständigkeit aufzugeben, womit sie Durchlaufstationen für die Luftwaffe wurden:

„Das NS-Fliegerkorps sieht die Aufgabe des Segelflugsports nicht darin, jedem, der da Lust verspürt zu Fliegen, Gelegenheit zu geben, seine fliegerische Lust zu befriedigen. Auch der Segelflugsport ist eine nationale Aufgabe und nur da, wo er dem Volke dient, ist er berechtigt.“

Bild: Sonntäglicher Flugbetrieb am Hesselberg

VOM TRADITIONS- ZUM FLUGSPORTVEREIN

Fliegervereinigung

Nach dem 1. Weltkrieg gründeten die ehemalige Flieger Konrad Bischoff, Hans Königsreuther und August Hebenstreit, die Fliegervereinigung Erlangen. Die Ziele und Aktivitäten der „kleinen aber rührigen Gruppe“, wie sie immer wieder charakterisiert wurde, waren vielfältig: von der Pflege der Tradition, der Erhaltung und Fortpflanzung des „Flieger-Geistes“ über Information und Förderung des Flugwesens durch Ausstellungen und die Organisation von Flugtagen auf dem Exerzierplatz bis hin zur Planung eines Flughafens in Erlangen. Die größte Veranstaltung war der Flugtag im Juli 1925, bei dem die Flugvorführungen von Ernst Udet der Höhepunkt waren.

„Es ist ein Hochgenuß, wie exakt Udet um eine von zwei Fesselballons getragene Wimpelschnur herum Überschläge ausführt, wie er Kinderballons mit Hilfe scharfer Messer an den Tragdeckenden aus einer Ballonkette abschneidet, um sie dann mit dem Propeller zu zerknallen, wie er wieder andere Ballons in der Luft mit Hilfe eines Netzes einfängt, daß die darin zappeln, wie gefangene Fische. Loopings, steile Kurven, seitlicher Ueberschlag, Abrutschen über einen Flügel, Flug in sogenannter windschiefer Lage, Rollings, Abtrudeln, all dies ganz niedrig über dem Boden ausgeführt, erfordert genaueste Berechnung und absolute Flugsicherheit, und das ist es, nicht unberechnete Tollkühnheit, was ihn zum Größten der Luft stempelt.“

(Erlanger Tagblatt, 22.07.1925)

Bild: Der erste Fluglehrer des Erlanger Vereins, Hans Königsreuther, auf dem offenen Schulgleiter „Erlangen“ über dem Hesselberg. 1929.

Flugsportverein

Weil der Segelflugsport – vor allem durch die spektakulären Erfolge auf der Wasserkuppe – immer populärer wurde und auch in der Nachbarschaft in Nürnberg schon regelmäßig geflogen wurde, vollzogen die Erlanger Fliegerfreunde im August 1929 eine wichtige Weichestellung: es wurde eine neue Satzung verabschiedet, der Name des Vereins lautete nun Flugsportvereinigung Erlangen und als Hauptzweck des Vereins wurde der Flugsport bestimmt.

Schon kurze Zeit später konnte Oberbürgermeister Flierl das erste Erlanger Segelflugzeug, die Erlangen taufen. Und bereits im Oktober 1929 nahm die Erlanger Gruppe aktiv am 1. Segelflugwettbewerb am Hesselberg teil. Ein zweites und diesmal selbstgebautes Flugzeug wurde im Januar 1931 auf den Namen Marloffstein getauft. Und in der Rekordzeit von drei Monaten bauten im Sommer 1932 die Brüder Eisenmann das Brüderlein. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 mußten die Luftsportvereine ihre Selbständigkeit aufgeben, die Erlanger Flieger wurden zur Ortsgruppe Erlangen des Deutschen Luftsportverbandes.

Bild: Die Wiesen, wie hier vor dem Marloffsteiner Schloß, konnten nur in der vegetationsfreien Zeit betreten werden. Leider sind uns nur ein paar wenige der abgebildeten Personen bekannt. Hans Königsreuther (3.v.l.), Ernst u. Georg Eisenmann (6. u. 10.v.l.), Sebastian Mendelsohn-Bartholdy (ganz rechts).

VOM HAINBERG ZUM HETZLES

Neuanfang

Anfang der 50er Jahre beginnt die Fliegerei wieder bei Null. Viele Flieger waren schon vor dem Krieg aktiv und gaben im Dritten Reich nur widerwillig ihre Eigenständigkeit auf. Nach dem Krieg konnten sie sich wieder frei organisieren und fanden in vier Vereinen zusammen: Sportfliegerclub Nürnberg, Freunde der Friesener Warte, Ring Deutscher Flieger und Aero-Club Nürnberg. 1958 waren noch zwei Vereine übrig: der Aero-Club mit Sitz am Airport Nürnberg. Die drei anderen Vereine hatten zum Fliegerclub Nürnberg e.V. zusammengefunden, der 2015 mit dem Flugsportverein Erlangen e. V. zu unserem heutigen Flugsportverein Erlangen-Nürnberg e. V. fusionierte.

Bild: Auch auf dem Reichsparteitagsgelände, hier am Rand des Zeppelinfeldes, wurde in den 1950er Jahren zeitweise geflogen. Im Hintergrund die Haupttribüne – damals noch mit den Säulenreihen.

Wanderschaft

Die ersten Nachkriegsjahre waren von der Suche nach einem geeigneten Fluggelände geprägt. Auf verschiedenen stadtnahen Flächen hatte man vergeblich gehofft, sich dauerhaft festsetzen zu können. Ähnlich prekär war die Situation auch beim Erlanger Verein hinsichtlich des Exerzierplatzes. Wanderschaft war wieder angesagt; Katterbach, Erlangen, Siegritzau bei Forchheim, Greding, Herolzberg, Buchschwabach und immer wieder der Hainberg, an dem man schon vor dem Krieg geflogen war, waren die häufigsten Plätze.

Ball der Luftfahrt

Die Flieger verstanden nicht nur zu fliegen, sondern auch Feste zu feiern. In den Jahren des sogenannten Wirtschaftswunders entwickelte sich der Ball der Luftfahrt zu einer der beliebtesten Veranstaltungen des Nürnberger Gesellschaftslebens. Ab 1965 bespielte der Fliegerclub Nürnberg 27 Jahre lang die Meistersingerhalle mit einem fulminanten Unterhaltungsprogramm: Bruce Low, Cindy Berger, Mary Roos, Ireen Sheer, Ingrid Peters, Roy Etzel, Max Greger und viele weitere bekannte Schlagerstars, Solisten und Unterhaltungsorcherster jener Zeit waren zu Gast in Nürnberg.

Bild: Ball der Luftfahrt 1991: Flankiert von den Hostessen der „Nürnberger Luftflotte“ spielt links das Orchester Georg Rohmer, rechts Ambros Seelos und im Hintergrund die Stadtjugendkapelle Stein.

Der Hetzleser Berg

Bei der Suche nach einem eigenen Fluggelände entdeckten die Nürnberger Segelflieger im Oktober 1962 den Hetzleser Berg. Es war schnell klar – hier wollten sie bleiben! Mit den Grundstückbesitzern wurde man bald einig und die Genehmigungen für einen Flugplatz bereiteten auch keine besondere Schwierigkeiten. Es wurde gerodet, planiert, Leitungen verlegt und gebaut, und auch schon kurz nach der Entscheidung für den Hetzles dort geflogen und auf dem Campingplatz gewohnt. Zum größten Teil in Eigenleistung entstand so der Flugplatz und eine Flugzeughalle mit Clubheim, die am 12. Juli 1969 feierlich eingeweiht wurden.

Die Erlanger Flugsportvereinigung hat sich inzwischen auch für den Hetzles entschieden und angefangen, eine große Flugzeughalle und ein Vereinsheim zu bauen. Im September 1975 wurde mit einem spektakulären Flugtag dieser Umzug und die Einweihung gefeiert.

Bild: Für den Anfang gar nicht schlecht – der erste „Turm“ aus einem umgebauten Omnibus. Erst 1975 wurde der heutige Turm in Betrieb genommen.

AUF UND AB AM EXERZIERPLATZ

Die über den Krieg geretteten Erlanger Segelflugzeuge fielen schließlich dem bitterkalten Winter 1945/46 zum Opfer und wurden als Brennholz verwendet. Im Oktober 1950 wurde die Flugsportvereinigung Erlangen von einigen Fliegern, die schon im „alten“ Verein aktiv waren, neu gegründet.

Breite Unterstützung durch die Wirtschaft

1951 wurde wieder mit dem Bau eines neuen Segelflugzeugs, eines Grunau Babys begonnen. Siemens spendete einen Doppelsitzer und Gossen stiftete ein weiteres Grunau Baby. Die Unterstützung durch die Erlanger Wirtschaft war überwältigend. 1952 überließ die Firma Siemens dem Verein einen Maybach PKW für 1000 DM, der zur ersten Winde umgebaut wurde. 1954 durften sich die Erlanger Flieger über eine weitere Spende der Firma Gossen freuen: einen L-Spatz.

Bild: Die beiden von Siemens und Gossen gespendeten Flugzeuge, ein Doppelsitzer Mü 13E und ein Grunau Baby III wurden im September 1952 auf den Namen „Werner von Siemens“ und „Tippa“ bzw. „Simon Heubeck“ getauft.

Hallenbau

Für diesen Flugzeugpark mit drei Ein- und einem Doppelsitzer wurde nach einer passenden Unterstellmöglichkeit gesucht. 1956 wurde mit dem Bau – zum größten Teil in Eigenleistung – einer Halle begonnen, die Abstellflächen für Flugzeuge, eine Schlosserei, eine Werkstatt, einen Versammlungsraum und diverse kleine Abstellräume umfasste. Die Einrichtung erfuhr im Laufe der Zeit verschiedene Modernisierungen und wird bis heute viel genutzt.

Bild: Von 1956-59 wurde an der heutigen Kurt-Schumacher-Straße ein grosses Multifunktionsgebäude errichtet. Im Hintergrund die bereits fertiggestellte Nissenhütte.

Fliegen am Exerzierplatz

War man anfangs noch auf den Flugplätzen in Schwabach, Fürth, Nürnberg-Langwasser, Bamberg, Lichtenfels, Dobenreuth, Großenbuch u. a. unterwegs, begann man doch allmählich, den ‚Exer‘ als eigenes Fluggelände zu betrachten, auch wenn man unter der Kontrolle des amerikanischen Militärs stand und immer wieder dessen Genehmigungen erforderlich waren.

Der Fliegerclub Nürnberg entdeckte 1963 den Hetzleser Berg als Flugplatz und lud die Erlanger Kollegen zum gemeinsamen Ausbau des Platzes ein. Die Erlanger zögerten; sie hatten ja ihren ‚Exer‘. Im Juli 1967 kam es dann wie schon lange befürchtet: Dem FVE wurde das Fliegen auf dem Exerzierplatz durch die amerikanischen Behörden untersagt. Der Hetzles wurde nun doch interessant. Im September 1969 wurde ein gemeinsamer Nutzungsvertrag unterzeichnet.

Bild: Der Exerzierplatz in Erlangen um 1960.

Dauerhaft zum Hetzleser Berg

Die beiden Vereine behielten bis zur Vereinigung im Jahr 2015 eigene Zuständigkeiten. So betreute z. B. die FVE den Windenbetrieb und stellte auch die Windenfahrer, während der FCN den Flugzeug-Schleppbetrieb mit Piloten übernahm. Auch baute die Flugsportvereinigung ihre eigene Flugzeugunterstellhalle und ein kleines Vereinsheim für die eigenen Mitglieder.

Heute, wenige Jahre nach der Fusion der beiden Vereine, kennen wir nur noch einen Verein, der Flugsportverein Erlangen-Nürnberg e. V.

Bild: Aktueller Anblick unseres Fluggeländes am Hetzleser Berg.